Was sich Menschen alles antun – Heute: Kolloidales Silber

Ich hab’s ja an den Nerven. In beiden Armen. Chronische Entzündung hier, Neuropathie da. Naja, nicht berauschend, aber man lebt damit. Kürzlich habe ich allerdings einen großen Fehler gemacht, einen quasi unverzeihlichen Fehler, einen Fehler, der dazu führte, dass ich mir Watte in die Ohren stecken musste, damit mein Hirn nicht rausläuft: ich habe jemanden davon erzählt. Einer Bekannten. Einer Bekannten, die gerade die „Ausbildung“ zur Heilpraktikerin macht. Weil ja nächstes Jahr das jüngste Kind aus dem Haus geht und sie dann eine Beschäftigung braucht. Btw. ist das auch die Krux an diesem System, dass nämlich jeder, der halbwegs seinen Namen schreiben kann Heilpraktiker werden kann und an Menschen rumpfuscht. HALLO? GEHT’S NOCH? So jemanden vertraue ich doch meine Gesundheit nicht an… Aber das ist ja ein anderes Thema. (Und wer mehr dazu lesen will, der sollte das Buch von Anousch Mueller „Die Unheilpraktiker“ lesen.)

Aber zurück zu meiner Bekannten. Die hatte natürlich auch gleich einen Tipp für mich. Warum auch Zeit auf Untersuchungen oder ähnlichen Blödsinn verschwenden, nein, hauen wir einfach was raus, irgendwas, Hauptsache es ist was gesagt und man kann sich selbst als große Heilerin darstellen. Aber gut. Ihr bahnbrechender Tipp war TATAAAA Die Einnahme von kolloidalem Silber.

Ich hatte davon bisher nur am Rande etwas gehört, aber alleine die Tatsache, dass es so ziemlich jede Art von Krankheitserregern von Pilzen über Bakterien, Viren bis hin zu Steuernachzahlungsbescheiden binnen weniger Minuten abtöten soll, erregte meine leichte Skepsis, denn die Schlangenöle, die gegen Haarausfall, Diarrhöe und Impotenz gleichermaßen wirken, die kennen wir ja zur Genüge.

Aber jetzt schauen wir uns die Sache erstmal an. Stellen wir uns doof und fragen uns, wat is kolloidales Silber eijentlich?

Bei kolloidalem Silber handelt es sich um ultrafeine Partikel elementaren Silbers (Nanosilber) oder auch schwerlöslicher Silberverbindungen bzw. deren flüssige Dispersionen. Für letztere werden synonym die Begriffe Silbersol und Silberwasser benutzt. Silberkolloiddispersionen bzw. Silbersole sind von Lösungen löslicher Silbersalze zu unterscheiden. Die Kolloidteilchen sind zwischen 1 und 100 nm groß[1] und weder mit dem Auge noch mit einem Lichtmikroskop erkennbar. In den einzelnen Teilchen sind etwa 1.000 bis 1 Milliarde Silberatome oder Moleküle der entsprechenden Silberverbindung enthalten. Im Gegensatz zu Silbersalzlösungen streuen Silberkolloide seitlich einfallendes Licht (Tyndall-Effekt) zum Beobachter.

Soweit die Wikipedia.

Das Zeugs kann man sich entweder fertig kaufen oder man kann es auch selbst herstellen. Daheim. Im Werkkeller. Heimelig…

Natürlich hat das Zeugs angeblich über – haupt – keine Nebenwirkungen, löst keine Antibiotikaresistenzen aus und ist einfach das Heilmittel, das natürlich von der pöhsen, pöhsen Pfarmamafia unterdrückt wird.

Ganz so ist es natürlich nicht. Silber braucht der Körper nicht, es ist giftig und wenn man sich diese giftige Substanz zuführt, bekommt man Probleme. So wurden bereits Leberschädigungen, Herzmuskelschädigungen, Krampfanfälle, Geruchsempflichkeiten, Geschmacksstörungen und Tataaa… Nervenschädigungen (wofür wurde es mir empfohlen? HÄ? HÄ? HÄ?) beschrieben. Selbst Fehlbildungen bei Neugeborenen können vorkommen.

Und das Beste ist, wenn man nur genug Silber eingenommen hat, lagert sich das Metall in der Haut ein, das nennt sich dann Argyrie und bedeutet, dass man aussieht wie Papa Schlumpf auf Crystal Meth. Ja, ehrlich, man wird blau von dem Zeugs. Selbst die Augen können blau werden, das ist dann die Argyrose. Der bekannteste Argyrie-Kranke ist wohl Paul Karason aus den USA. Schaut mal hier bei Psiram nach, da sind ein paar schöne Schlumpfbilder von ihm dabei. Und dagegen gibt es noch nicht mal ein Gegenmittel. Nein, ehrlich. Einmal Schlumpf, immer Schlumpf… Kannste Dir nicht denken, dass sich das Menschen selbst antun.

Ich werde jedenfalls dankend darauf verzichten.

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