Das Münsteraner Memorandum – Oder: Wie man gekonnt Heilpraktiker aufschreckt

Ich muss ja gestehen, dass die aktuelle Diskussion um das Heilpraktikerwesen, die durch das Münsteraner Memorandum ausgelöst wurde, mich sehr amüsiert. Wie ich in meinem letzten Artikel schon schrieb, die Heilpraktiker benehmen sich wie ein Damenkränzchen, dem die Buttercremetorte ausgeht. Man könnte aber auch das Bild der aufgeschreckten Hühner benutzen.

Da treten Funktionäre von Heilpraktiker-Vereinen –Verbänden, -Schulen auf und hauen in den Kommentarspalten mit dem ganz großen Hammer drauf, denn in den Kommentarspalten bekommen sie Aufmerksamkeit, etwas was ihnen in der breiten Öffentlichkeit in der aktuellen Diskussion größtenteils versagt bleibt. Für gewöhnlich handelt es sich aber um sogenannte „Hit & run“-Kommentare, also einzelne „Rundumschläge“, die schnell gepostet werden, um dann schnell zur nächsten Kommentarspalte weiter zu ziehen. Das Ganze hat allerdings nur den Zweck, dass man sich in der eigenen Anhängerschaft als „großer Macker“ generieren kann, der es „denen mal so richtig gezeigt hat!“ Natürlich könnten sich solche „großen Macker“ auch einfach auf die Brust schlagen, zu brüllen und abschließend ihr rotes Hinterteil präsentieren, damit auch jeder merkt, dass sie King Louis vom Bananenfeld sind.

Aber mal ehrlich, ich verstehe das aktuelle Verhalten der Heilpraktiker im Moment wirklich nicht. Anstatt sich mit dem Memorandum auseinander zu setzen, werden erstmal dessen Verfasser diskreditiert und dann fleißig „Whataboutism“ betrieben. Bei Whataboutism handelt es sich um die Technik oder Praxis, auf eine Anschuldigung oder eine schwierige Frage mit einer Gegenfrage zu antworten oder ein anderes Thema aufzugreifen, wie das Oxford Living Dictionary erklärt (zitiert nach Wikipedia (https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Whataboutism&oldid=168737317).

Ein Beispiel: Tierschützer: „Die Haltungsbedingungen in Legebatterien sind dramatisch schlecht!“ Bauernverband: „Und in China essen sie Hunde!“ Sie verstehen das Prinzip. So ähnlich haben auch die alten Radio Eriwan-Witze funktioniert. (Und nein, der Bauernverband hat nie sowas gesagt, das war nur ein BEISPIEL!)

Ich habe jetzt lange darüber nachgedacht, woran so ein rabulistisches Verhalten liegen könnte. Immerhin sind die Forderungen des Münsteraner Kreises ja durchaus legitim. Was kann beispielsweise gegen eine geregelte Ausbildungsordnung sprechen? Sogar die Ausbildung der Bader war seit dem späten Mittelalter und der Neuzeit geregelt. Also, was soll das Gejammer?

Finanzielle Gründe können es ja nicht sein, denn selbst wenn der Beruf des Heilpraktikers komplett abgeschafft würde, gäbe es sicherlich Übergangsfristen und Bestandsschutz für aktuell arbeitende Heilpraktiker. Also dürfte das doch mal schon wegfallen.

Ich glaube – und das legt auch das Verhalten der Heilpraktikerfunktionäre – in den Kommentarspalten nahe, dass es mehr um das persönliche Ansehen geht. Als Heilpraktiker hat man Lebenszeit, Energie und meistens auch viel Geld in das Erlernen von größtenteils sehr suspekten Methoden gesteckt. Man „war wer“, fast so wie ein richtiger Arzt. Man konnte sich eine „Praxis“ einrichten und sogar einen weißen Kittel oder ähnliche Kleidung tragen, wie sie für Ärzte typisch ist. Man konnte auf Partys bei Freunden oder bei Festen im Familienkreis mit seinem Wissen glänzen und sich mit aus der Hüfte geschossenen Diagnosen wichtigmachen.

All das ist ja durch die aktuelle Diskussion gefährdet. Man läuft Gefahr, „enttarnt“ zu werden, da zieht man sich doch lieber schnell hinter eine Verschwörungstheorie zurück und spielt die verfolgte Unschuld. Die bösen Ärzte… wir sind doch nur vieeeeel zu gut in unserem Job, deswegen haben die Angst vor uns.

Das ist aber keine Diskussionskultur. Und genau deswegen rufe ich die Heilpraktiker und ihre Vertreter auf, dieses zornige umsichbeißen einzustellen und den Dialog zu suchen, denn das aktuelle Verhalten kann schneller nach hinten losgehen, wie man „Wurzelchakra“ sagen kann.

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